Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Die aktuell prekäre Lage hat auch große Auswirkungen auf das Gesellschaftsrecht. Durch die mittlerweile fünf COVID-19 Gesetze kam es zu folgenden wichtigen Änderungen von gesellschaftsrechtlichen Vorschriften:                                                                                    

  1. Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern ohne physische Anwesenheit

Die Abhaltung von Versammlungen mit physischem Zusammentreffen von Gesellschaftern und Organmitgliedern ist in Zeiten der Coronakrise aufgrund der rechtlichen Maßnahmen (zB Verpflichtung der Einhaltung des Mindestabstands, Verbot des Aufenthalts von mehr als fünf Personen an einem Ort) praktisch in vielen Fällen vermeidbar.

Der Gesetzgeber hat nun eine Regelung erlassen, welche eine Erleichterung für diverse gesetzlich vorgesehene Versammlungen vorsieht. § 1 Abs 1 COVID-19-GesG normiert, dass Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden können. Sowohl Hauptversammlungen von AGs, als auch Generalversammlungen von GmbHs, Aufsichtsratssitzungen, Stiftungsratssitzungen oder auch Generalversammlungen von Genossenschaften können somit virtuell per Videokonferenz stattfinden.

Bei Aktiengesellschaften war es schon bisher möglich, dass Aktionäre an der Hauptversammlung ohne physische Präsenz teilnehmen (zB per Videokonferenz oder elektronische Fernabstimmung), dennoch musste die Hauptversammlung an einen bestimmten Ort im Inland stattfinden. Durch das neue Covid-19 GesG können Aktiengesellschaften ihre Hauptversammlung ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer abhalten.

Die genauen Anforderungen an die sogenannten „virtuellen Versammlungen“ wurden nunmehr in der Verordnung des BMJ (Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Verordnung – COVID-19-GesV), kundgemacht am 08. April 2020 und am 28.12.2020 bis Ende 2021 verlängert geregelt.

In der Verordnung ist vorgesehen, dass es sich bei einer virtuellen Versammlung grundsätzlich um eine Art der akustischen und optischen Zweiwegverbindung in Echtzeit (somit Videokonferenz mit Bild-und Tonverbindung) handelt, bei der sich alle Teilnehmer zu Wort melden und ihre Stimme abgeben können. Falls einzelne, höchstens jedoch die Hälfte der Teilnehmer nicht über die notwendigen technischen Mittel für eine akustische und optische Verbindung verfügen, nicht verwenden können oder wollen, ist es ausreichend, wenn diese betreffenden Teilnehmer eine rein akustische (z.B. Telefon-) Verbindung herstellen. In der Einberufung ist vom einberufenden Organ detailliert anzugeben, welche organisatorischen und technischen Voraussetzungen für eine Teilnahme bestehen.

Die Hauptversammlung einer AG unterscheidet sich von anderen Versammlungen vor allem durch den typischerweise größeren Teilnehmerkreis, welcher die Durchführung einer herkömmlichen Videokonferenz somit nur bedingt geeignet. Für diese ist es somit ausreichend, wenn Aktionäre die Hauptversammlung nur optisch und akustisch mitverfolgen können, sich jedoch nicht unmittelbar zu Wort melden oder abstimmen können. Die Wortmeldung und Abstimmungsmöglichkeit muss den Aktionären aber auf andere Weise während der Versammlung gewährt werden (beispielsweise, dass Fragen in einem bestimmten Zeitfenster während der Versammlung elektronisch an die Gesellschaft übermitteln werden und der Vorsitzende diese verliest).

Wenn die Hauptversammlung einer börsenotierten Gesellschaft, einer Gesellschaft, deren Aktien über ein multilaterales Handelssystem gehandelt werden, oder einer Gesellschaft mit mehr als 50 Aktionären übertragen wird, kann (muss jedoch nicht) von den eben ausgeführten Regelungen abweichend vorgesehen werden, dass die Stellung eines Beschlussantrags, die Stimmabgabe und die Erhebung eines Widerspruchs in der virtuellen Hauptversammlung nur durch einen besonderen Stimmrechtsvertreter (zumindest vier geeignete und von der Gesellschaft unabhängige Personen) erfolgen kann.

Die gesetzlichen Erleichterungen zur Abhaltung von Versammlungen sind seit dem 4. COVID-19 Gesetz nicht mehr nur auf die Dauer von rechtlichen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 befristet, sondern generell bis Ende 2020 erlaubt.

  1. Verschiebung der in Gesellschaftsverträgen festgelegten Fristen für Versammlungen

Eine wichtige Änderung stellt die gesetzliche Ermächtigung zur Verschiebung der in Gesellschaftsverträgen (Satzungen, Statuten, Stiftungsurkunden) festgelegten Fristen oder Termine für bestimmte Versammlungen dar. Damit wird klargestellt, dass Versammlungen aller in § 1 Abs 1 COVID-19-GesG aufgezählten Rechtsformen somit auch zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2020 stattfinden können. Die Entscheidung, ob eine Versammlung unter Berücksichtigung der Durchführungsformen nach § 1 COVID-19 GesG (keine physische Anwesenheit der Teilnehmer) möglich oder zweckmäßig erscheint, liegt im Ermessen des Organs, das für die Einberufung der betreffenden Versammlung zuständig ist.

Darüber hinaus wurden die in § § 104 Abs 1 AktG, § 27a GenG und § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG normierten Versammlungs- bzw Beschlussfristen insofern abgeändert, als die Versammlung bzw Beschlussfassung nicht mehr in den ersten 8 Monaten des Geschäftsjahres, sondern innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahres stattfinden muss.

  1. Spezialregelung für den Aufsichtsrat

Seit Ende April 2020 können und müssen Aufsichtsratssitzungen – gegebenenfalls ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer gem § 1 COVID-19 GesG und der entsprechenden Verordnung – jedenfalls wieder vierteljährlich stattfinden.

Es gibt daher abseits der Möglichkeit zur rein virtuellen Durchführung keine Spezialregelung mehr.

  1. Verlängerung der Einreichungsfrist für den Jahresabschluss

Die Frist zur Einreichung von Jahresabschlüssen wurde von neun auf zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag verlängert. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sowie sämtliche gleichzeitig offenzulegenden Unterlagen (zB gesonderter nichtfinanziellen Bericht oder Konzernabschluss) sind daher spätestens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag beim Firmenbuchgericht einzureichen.

Damit korrespondierend wurde auch die Aufstellungsfrist für den Jahresabschluss von bisher fünf Monate auf jene neun Monate verlängert, die auch für Nicht-Kapitalgesellschaften gilt.

Diese Änderungen sind auf Unterlagen der Rechnungslegung anzuwenden, bei denen die Frist für die Aufstellung nach § 222 Abs. 1 UGB am 16. März 2020 noch nicht abgelaufen ist. Die Bestimmung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft und ist auf Unterlagen der Rechnungslegung für Bilanzstichtage letztmalig anzuwenden, die vor dem 1. Jänner 2021 liegen

  1. Beschränkungen für Gewinnausschüttungen und Boni

In der am 8. April 2020 kundgemachten VO des BMF wurde konkretisiert, welche Voraussetzungen für die Gewährung der finanziellen Hilfsmaßnahmen (Gewährung von direkten Zuschüssen und rückzahlbaren Vorschüssen, Übernahme von Haftungen für das Unternehmen, Gewährung von Direktkrediten in Form von Überbrückungskrediten) vorliegen müssen.

 

Begünstigt sind Unternehmen, die (i) ihren Sitz oder Betriebsstätte in Österreich haben und (ii) eine wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben. Ausgenommen sind beaufsichtigte Rechtsträger im Finanzsektor sowie Unternehmen, die sich am 31. Dezember 2019, oder bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr am Bilanzstichtag, der vor dem 31. Dezember 2019 endet, bereits in finanziellen Schwierigkeiten im Sinne der „Gruppenfreistellungsverordnung“ der EU-Kommission befunden haben. Außerdem darf sich das Unternehmen im Zeitpunkt der Antragstellung in keinem Insolvenzverfahren befinden, es sei denn es wurde ein Sanierungsverfahren nach der IO eröffnet.

Der Antragsteller hat sich unter anderem zu verpflichten, Vergütungen des Inhabers des Unternehmens bzw. der Organe, Angestellten und wesentlichen Erfüllungsgehilfen des Unternehmens danach auszurichten, dass diesen keine unangemessenen Entgelte, Entgeltsbestandteile sowie sonstigen unangemessenen Zuwendungen geleistet werden. Insbesondere sind im Jahr 2020 keine Boni an Vorstände / Geschäftsführer zu bezahlen, die über 50% der Boni des Vorjahres hinausgehen.

Weiters sind die Entnahmen des Unternehmensinhabers bzw. die Gewinnausschüttung an Eigentümer auf die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst zu gestalten. Für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis zum 16. März 2021 besteht ein Dividenden- und Gewinnauszahlungsverbot:

Esdürfen keine Rücklagen zur Erhöhung des Bilanzgewinns aufgelöst werden und die aus der finanziellen Maßnahme erhaltene Liquidität ist nicht (i) zur Zahlung von Gewinnausschüttungen, (ii) zum Rückkauf eigener Aktien und (iii) zur Zahlung von Boni an Vorstände / Geschäftsführer zu verwenden.

Nach 16. März 2021 hat bis zum 31. Dezember 2021 eine „maßvolle“ Dividenden- und Gewinnauszahlungspolitik zu erfolgen.

 

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